Der Staat verkompliziert den IT-Freelancer-Einsatz

Der Staat verkompliziert den IT-Freelancer-Einsatz

Die Vermittler von IT-Freiberuflern erleben derzeit gestiegene Compliance-Anforderungen. Trotz der angeblich durch die Politik verursachten Verunsicherung steigen aber die Umsätze.

Compliance ist aktuell eines von den Zauberwörtern, die das Tor zum Kunden aufschwingen lassen. Die Personalvermittler, die hierzulande IT-Freelancer anbieten, jedenfalls erklären, dass die Auftragsvergabe durch strengere Vorgaben der Kunden zwar aufwändiger geworden ist. Andererseits sei dies ein „Treiber“ für eine Beauftragung der Agenturen durch Betriebe oder IT-Dienstleister, erklärt Hartmut Lüerßen, Partner bei Lünendonk. Vermittelten doch die Anbieter durch eigens engagierte Juristen, ihre Erfahrung mit Ausschreibungen oder Verträgen und ihre Sicherungsmechanismen für die Qualität der Freiberufler manchem Kunden Sicherheit. „Dennoch gibt es einige sehr vorsichtige Firmen mit teils abenteuerlichen Regularien, die oft aber nur auf Annahmen beruhen“, berichtet Jörn Bäumer, Bereichsleiter Contracting des laut Lünendonk hierzulande umsatzstärksten IT-Freelancer-Vermittlers Hays.

Politik in der Kritik

Ein Stein des Anstoßes sind für die Agenturen die im Koalitionsvertrag stehenden Pläne zu Anpassungen bei der Arbeitnehmerüberlassung sowie den Werkverträgen. Zwar wird an einem konkreten Gesetz im Moment noch geschraubt, aber die Zusammenarbeit mit den Kunden sehen die Personalvermittler schon jetzt nachhaltig beeinflusst. Die Compliance-Anforderungen hätten sich dadurch noch einmal verschärft. Die Unsicherheit der Auftraggeber sei aber auch bedingt durch einen aktuell „nicht zu lösenden Konflikt zwischen verschiedenen Normen“, meint Lüerßen. Das Thema Scheinselbstständigkeit beispielsweise stünde immer wieder einmal im Raum, erzählt Andreas Nader, Geschäftsführer von Questax.

Wachstum

Und dennoch: Der positiven Umsatzentwicklung der „führenden“ Anbieter (siehe unten) tut diese im Fluss befindliche Diskussion über die vertragliche Bindung von Arbeitskräften keinen Abbruch. Um durchschnittlich 14,9 Prozent konnten die Top 10 ihre Umsätze im Jahr 2014 steigern. Für 2015 werden sogar Zuwächse in Höhe von 16,5 Prozent erwartet.

Top 10 IT-Freelancer-Agenturen

Hays ist mit 781,2 Millionen Euro, die das Unternehmen mit der Rekrutierung, Vermittlung und Steuerung von IT-Freelancern in Deutschland erwirtschaftet, laut Lünendonk die Nummer eins am Markt. Zweitplatzierter ist Gulp mit 297,9 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2014. Ebenfalls im dreistelligen Millionenbereich bewegt sich Allgeier Experts mit 183,2 Millionen Euro, verfolgt von SThree (79,6 Mio.), Solcom (76,8 Mio.), Questax (68,2 Mio.) und 1st Solution (65,3 Mio.). Auf den Rängen acht bis zehn finden sich Westhouse Consulting (65 Mio.), Etengo (57 Millionen) und Top itservices mit 48,5 Millionen Euro Umsatz.

Vielleicht – und dann wäre das eigentlich ein Trumpf für die Personalanbieter – spielt die Politik diesen sogar in die Hände. Lünendonk jedenfalls berichtet über eine „Verschiebung von der direkten Beauftragung freiberuflicher IT-Experten hin zu einer indirekten“. Mag sein, dass mancher lieber unter ein „größeres Dach“ flüchtet, weil er sich dort vor einem möglichen Schlag des Gesetzgebers besser geschützt fühlt.
Autor: Katrin Hofmann

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